Unser Antrag „Jugendparlament“

Die Fraktion „Die PARTEI Fraktion“ beantragt:

Der Rat der Stadt Würselen beschließt:

  1. In der Stadt Würselen wird ein Jugendparlament/Jugendrat/Jugendbeirat eingerichtet.
  2. Es wird eine Satzung für ein Jugendparlament/ einen Jugendrat bzw. Jugendbeirat ausgearbeitet. In diesem sollen folgende Grundsätze berücksichtigt werden.
    • Die regelmäßigen Wahlen des Jugendparlaments/Jugendrates/Jugendbeirates finden jährlich statt. Die Wahlen sind außerhalb der Schulferien durchzuführen.
    • Wahlberechtigt (aktiv und passiv) sind alle Jugendlichen im Alter von 12 bis 21 Jahren, die zum Zeitpunkt der Wahl im Stadtgebiet ihren Wohnsitz haben oder im Stadtgebiet eine öffentliche Schule besuchen.
    • Die Wahllokale sollen in Absprache mit den Schulleitungen an allen Würselener Schulen und im Rathaus eingerichtet werden. Die erste Wahl findet 2021 zur Bundestagswahl, spätestens jedoch 2022 zur Landtagswahl statt.
    • Das Jugendparlament / der Jugendrat/ der Jugendbeirat ist über anstehende Entscheidungen unter dem Aspekt „Stadt der Kinder“ im Vorfeld der Entscheidungen zu informieren und zu hören (siehe Punkt 2e). Wo möglich, soll zukünftig nach Optionen gesucht werden, Jugendliche in für sie besonders relevanten Ausschüssen wie Bildung und Jugendhilfe, als Interessensvertreter (§27a GO) mit beratender Stimme einzusetzen. Die entsandten Vertreter*Innen haben in den Ausschüssen Rede- und Antrags, jedoch kein Stimmrecht. Den Ansinnen der Jugendlichen soll in der Regel entsprochen werden, sofern dem keine gewichtigen Gründe entgegenstehen (siehe Punkt 2e). Hierfür wird dem Jugendparlament/Jugendrat/Jugendbeirat ein eigenes Budget für Veranstaltungen und Initiativen zugewiesen.Den Ansinnen der Jugendlichen soll in der Regel entsprochen werden, sofern dem keine gewichtigen Gründe entgegenstehen. Hierfür wird dem Jugendparlament/Jugendrat/Jugendbeirat ein eigenes Budget für Veranstaltungen und Initiativen zugewiesen.
    • Den Anträgen der Jugendlichen soll in der Regel entsprochen werden, sofern dem keine gewichtigen Gründe entgegenstehen. Hierfür wird dem Jugendparlament/Jugendrat/Jugendbeirat ein eigenes Budget für Veranstaltungen und Initiativen zugewiesen.
    • Der Stadtrat verpflichtet sich, die Jugendlichen in allen Angelegenheiten anzuhören, die sie in besonderer Weise betreffen, bevor ein Beschluss gefasst wird. Kommt er dieser Selbstverpflichtung nicht nach, z.B. aufgrund der Dringlichkeit einer Entscheidung, hat der Bürgermeister dies nachträglich gegenüber dem Jugendparlament/Jugendrat/Jugendbeirat zu erklären.
    • Die Mitgliedschaft im Jugendparlament/Jugendrat/Jugendbeirat wird regelmäßig über eine erfolgreiche Kandidatur bei den jährlichen Wahlen erworben. Dies soll Jugendliche jedoch nicht an der Teilnahme hindern. Die Satzung soll daher auch nicht-gewählten, interessierten Jugendlichen die aktive Teilnahme an Sitzungen ermöglichen.
  3. Bei der Ausarbeitung der Satzung sollen Jugendliche beteiligt werden. Dies könnte in verschiedenen Formaten stattfinden:
    • In Zusammenarbeit mit den städtischen Schulen und deren Schüler*Innenvertretungen.
    • In Kooperation mit ortsansässigen Vereinen und Verbänden der Jugendhilfe.
    • Pandemie-bedingt sollten auch moderne, digitale Beteiligungsformate in Betracht gezogen werden. Hierzu bietet u.a. die vom Bundesfamilienministerium geförderte Initiative „jugend.beteiligen.jetzt“ Praxishilfen und Möglichkeiten zur Qualifizierung.
  4. Über die ausgearbeitete Satzung berät der Jugendhilfeausschuss und erarbeitet eine Beschlussempfehlung für den Stadtrat.
  5. Die Verwaltung trägt die Kosten für die Betreuung der Jugendlichen.

Begründung:

Zur Förderung der Vielfalt und zur Schaffung neuer Beteiligungslandschaften in der Stadt Würselen setzt sich Die PARTEI Fraktion für die Bildung eines Würselener Jugendparlaments, eines Jugendrates bzw. eines Jugendbeirates ein. Die Gründe hierfür sind im Folgenden genannt:

UN-Kinderrechtskonvention

Die Bundesrepublik Deutschland gehört seit dem Jahr 1992 zu den Unterzeichnern der UN-Kinderrechtskonvention und hat sich damit dazu entschieden, diese in nationales Recht zu übersetzen. In Artikel 12 Absatz 1 schreibt die Konvention das Recht auf die Partizipation junger Menschen unter 18 Jahren am politischen Dialog folgendermaßen fest:

(1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.

Nationales Recht

Die Basis für die Beteiligung aller Menschen und damit auch Jugendlicher am politischen Dialog bilden im deutschen Grundgesetz das Petitionsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5, 17). Im Besonderen wird die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Kinder- und Jugendhilfegesetz in den Paragraphen 8 und 11 des Achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) festgehalten. Als Bundesgesetz bildet dieses den Rahmen für die Gesetzgebung der Länder:

§ 8

(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. […]

(2) Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden.

§ 11

(1) Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.

Auch in der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen ist rechtlich die Schaffung einer eigenen Interessenvertretung zur Wahrnehmung spezifischer Interessen Jugendlicher abgesichert. Der entsprechende Paragraph lautet:

§ 27a
Interessenvertretungen, Beauftragte

Die Gemeinde kann zur Wahrnehmung der spezifischen Interessen von Senioren, von Jugendlichen, von Menschen mit Behinderung oder anderen gesellschaftlichen Gruppen besondere Vertretungen bilden oder Beauftragte bestellen. Das Nähere kann durch Satzung geregelt werden.

Jugendstrategie der Bundesregierung

Im Jahr 2019 hat unsere Bundesregierung die interministerielle Jugendstrategie „In gemeinsamer Verantwortung – Politik für, mit und von Jugend“ beschlossen. Die gemeinsameJugendstrategie der Bundesregierung soll zum Ziel haben, die junge Generation an allen Entscheidungen zu beteiligen, die sie betreffen, und allen jungen Menschen bestmögliche Bedingungen zu bieten, die Herausforderungen der Lebensphase Jugend zu meistern. Für die Umsetzung der Jugendstrategie hat die Bundesregierung konkrete Handlungsbedarfe ermittelt, unter anderem für die Themen Demokratie und politische Bildung:

Demokratie braucht engagierte Demokratinnen und Demokraten und muss von jeder Generation neu gelernt werden. Angesichts zentraler gesellschaftlicher Herausforderungen wie zunehmendem Extremismus und Populismus, insbesondere Rechtspopulismus, der damit zusammenhängenden Verschärfung des politischen Diskurses und der Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund sowie einer auch bei jungen Menschen ausgeprägten Skepsis gegenüber politischen Institutionen und Prozessen kommt der politischen Bildung eine enorme Bedeutung zu. Es geht darum, junge Menschen für die Demokratie zu gewinnen, ihr demokratisches Bewusstsein zu stärken, sie zur demokratischen Teilhabe und zum Einsatz für gesellschaftlichen Zusammenhalt zu befähigen sowie menschenverachtenden und antidemokratischen Tendenzen präventiv zu begegnen.[…]“

„Handlungsbedarfe

>Politik und Verwaltung sind für jugendpolitische Belange zu sensibilisieren

[…]

> Politische Jugendbeteiligung und jugendgerechte Beteiligungsformate sollen gestärkt werden, um möglichst viele Jugendliche und junge Erwachsene für eine aktive gesellschaftspolitische Teilhabe am demokratischen Zusammenleben zu begeistern und zu befähigen.

[…]

Auszug aus: In gemeinsamer Verantwortung – Politik für mit und von Jugend, Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland, 2019, S.45ff

Schlussfolgerung
Aus den o.g. abstrakten Rechtstexten lässt sich ein konkreter Handlungsbedarf für die Stadt Würselen ableiten:

Jugendliche ab 12 Jahren sind in der Regel fähig, sich eine Meinung zu Themen zu bilden, die sie in ihrem Alltag in besonderer Weise berühren. Daher steht ihnen gemäß des o.g. Artikels der Kinderrechtskonvention, des Grundgesetzes und der Paragraphen 8 und 11 des SGB VIII das Recht auf Gehör und auf Partizipation zu.

Weil die Teilnahme an Bürgerversammlungen, Ausschusssitzungen und Stadtratssitzungen, die oftmals komplexe Sachverhalte behandeln, den Jugendlichen aufgrund der Komplexität der behandelten Themen vor ausreichender Einarbeitung nicht zuzumuten ist, bedarf es jugendgerechten Formaten, wie z.B. einem Jugendparlament/Jugendrat/Jugendbeirat. Diese bieten den Jugendlichen einen Raum, die aktuellen Themen der Tagespolitik vor Ort gemeinsam mit den politischen Akteuren (Bürgermeister, Stadtrat, Verwaltung) zu erarbeiten und eigene Forderungen zu formulieren. Eine Umsetzung hält Die PARTEI Fraktion daher für alternativlos.

Auswirkungen auf das Projekt „Stadt der Kinder“

Das Projekt Stadt der Kinder, das nunmehr seit über 20 Jahren offizielles Leitbild der Stadt Würselen ist, würde enorm von einer stärkeren Beteiligung der Jugendlichen profitieren. Jugendliche lernen die grundlegenden Entscheidungswege einer Kommune kennen und können auch erstmalig selbst politische Entscheidungen treffen.

Finanzielle Auswirkungen

  • Das Budget des Gremiums soll wenigstens 15.000 Euro p.a. betragen.
  • Für die Betreuung der Jugendlichen fallen Lohnkosten, u.a. des Bürgermeisters und des Fachdienstes 3.3 an.
  • Es entstehen Sachkosten für Schreib- und Kopierarbeiten, für Einladungen und Wahlunterlagen.

Die Finanzierung soll über den städtischen Haushalt gesichert werden.

Stv. Alfred Reuters, Stv. Nicole Ziegenhagen und Die PARTEI Fraktion


Würselen, den xx.xx.2020

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Fraktionsvorsitzender
Alfred Reuters

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