Der Rat der Stadt Würselen möge beschliessen, den kürzlich und jenseits einer öffentlichen Diskussion geschlossenen Jugendtreff im Alten Bahnhof in seiner Funktion als Jugendtreff umgehend wiederherzustellen.
Begründung: Eine Jugendbegegnungsstätte und Ort der Freizeitgestaltung und des finanzinteressenlos dargebotenen Angebots für Verweilen und Müßiggang jenseits von Schule und Vereinen existiert in Würselen Mitte nicht [mehr]. Diese zur Verfügung zu stellen ist eine essentielle Aufgabe unserer Stadtgesellschaft. Die kürzliche Schließung eines der letzten – in bescheidenen Ausmaßen – vorhandenen Angebote ist ein „Schlag ins Gesicht“ dieses berechtigten Anspruchs und eine Bankrotterklärung bezüglich des selbst verliehenen Titels „Stadt der Kinder“. Die Einrichtung sollte unter dem Gesichtspunkt des zu erwartenden Umbaus der Gesamtimmobilie dort „so lange wie möglich“ betrieben, dann in eine Übergangslösung überführt [z.B. Leerstandsnutzung eines Lokals an der Kaiserstraße] und nach dem Bahnhofsumbau wieder an den tradierten Ort zurückkehren. Hierzu möge man ggf. mit den SVs der Schulen [insbesondere der nahegelegenen Gesamtschule] in Kontakt treten und prüfen, ob dererseits ein Interesse besteht, den Alten Bahnhof als selbstverwalteten Jugendtreff /Jugendcafé zu betreiben. Gleichfalls sollte der am Orte vorhandene Spielplatz wieder in einen nutzbaren Zustand versetzt werden. Das Thema wird in den Arbeitskreis „Stadt der Kinder“ zur weiteren Planung gereicht. Dieser hat zukünftig wieder regelmäßig seine Arbeit aufzunehmen.
Kosten: Die Kosten der bisher dort engagierten Stelle könnten fortgeschrienen werden. Eine selbstverwaltete Variante könnte zudem nahezu kostenneutral funktionieren. Inventar ist vorhanden und liegt brach.
Auswirkungen auf das Projekt Stadt der Kinder: Viele.
Stv. Alfred Reuters, Stv. Nicole Ziegenhagen und Die PARTEI Fraktion
26.09.2023 Die Fraktion „Die PARTEI Fraktion“ beantragt:
Der Rat der Stadt Würselen möge beschließen, die ehrenamtliche Stelle eines bzw. einer Kinder- und Jugend-Beauftragten nebst Stellvertretung einzurichten. Die Stelle wird jeweils für die Dauer der Wahlperiode des Stadtrates besetzt, in der laufenden Wahlperiode „so schnell wie möglich“ und durch eine Satzung näher beschrieben werden. Die Stelle wird von dem beschlossenen und noch zu realisierenden Kinder- und Jugendparlament besetzt und in die Gremien entsendet. Das maximale Alter beträgt bei Aufnahme der Tätigkeit 18 Jahre. Bis zur Installation des Parlaments wird diese Stelle „so schnell wie möglich“ unter den Bewerbern verlost oder in einer anderen geeigneten Form ermittelt.
Die beauftragte Person ist insbesondere Ansprechpartner:in der Kinder und Jugendlichen mit folgenden Funktionen:
Aufgreifen der Anliegen der Kinder und Jugendlichen und Vertretung gegenüber der Stadt;
Ansprechpartner der Bürgerinnen und Bürger und aller in der Kinder- und Jugendarbeit tätigen Vereine, Verbände und Organisationen;
Beratung und Unterstützung des Stadtrates, der Fachausschüsse und der Verwaltung in allen die Kinder und Jugendlichen betreffenden Fragen und Angelegenheiten;
Zusammenarbeit mit politischen Gremien und Fachgremien;
Zusammenarbeit mit den Trägern von Kinder- und Jugendeinrichtungen.
Damit wirkt der:die Beauftragte für Kinder und Jugendliche insbesondere bei der kommunalen Wohnungsplanung und deren Realisierung mit, bei der Ortgestaltung, bei der Schaffung für Freizeit- und Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche und der Planung und Gestaltung künftiger Einrichtungen dieser Zielgruppe mit.
Die beauftragte Person ist Ansprechpartner bei Fragen – der Ausgestaltung der Art und Weise, wie Schule in unserer Stadt organisiert wird – des Wohnens im jugendlichen Alter – der Betreuung – des öffentlichen Personennahverkehrs – der persönlichen Sicherheit – der persönlichen Versorgung – zum kinder- und jugendgerechten Bauen und der Gestaltung des öffentlichen Raums – sowie für Hilfen im Umgang mit Behörden.
Die beauftragte Person wird beratendes Mitglied im Ausschuss für Sport und Kultur, im Ausschuss für Soziales, Integration und demographische Entwicklung, im Ausschuss für Umwelt, Stadtentwicklung und Mobilität, im Ausschuss für Technik, Bauen, Digitalisierung und Innovation, im Jugendhilfeausschuss und Bildungsausschuss.
Zur Regelung künftiger Wahlen von Kinder- und Jugendbeauftragten und zur Definition der Aufgaben dieses Ehrenamts für die aktuell zu wählenden Kinder- und Jugendbeauftragten wird vorgeschlagen, dass die Verwaltung eine Satzung erarbeitet, die zunächst dem Ausschuss für Soziales, Integration und demographische Entwicklung in dessen nächster Sitzung zur Beratung vorgelegt wird.
Begründung:
Zur Förderung der Vielfalt und zur Schaffung neuer Beteiligungslandschaften in der Stadt Würselen setzte sich Die PARTEI Fraktion für die Bildung eines Würselener Jugendparlaments, eines Jugendrates bzw. eines Jugendbeirates ein. Diese zu installieren wurde beschlossen. Die Einsetzung eines:r Beauftragten für Kinder und Jugendliche ist hieraus die logische Konsequenz. Sie [die Stelle] erfüllt die Funktion eines Bindeglieds zwischen dem Kinder- und Jugendparlament und den politischen Entscheidungsmechanismen in den Ausschüssen und im Rat der Stadt Würselen.
Der Rat der Stadt Würselen hat am 14.12.2010 beschlossen, die Funktion einer/s ehrenamtlichen Seniorenbeauftragten und deren/dessen Stellvertreters/in zu besetzen. In unserem Antrag wurde der Beschluss bzw. der damalige Antrag zur Einrichtung des Seniorenbeauftragten bewusst gespiegelt und in der Formulierung angepasst. Kindern und Jugendlichen die gleichen Partizipationsmöglichkeiten zu geben ist hier konsequent und längst überfällig.
Weitere begründende Aspekte:
UN-Kinderrechtskonvention
Die Bundesrepublik Deutschland gehört seit dem Jahr 1992 zu den Unterzeichnern der UN-Kinderrechtskonvention und hat sich damit dazu entschieden, diese in nationales Recht zu übersetzen. In Artikel 12 Absatz 1 schreibt die Konvention das Recht auf die Partizipation junger Menschen unter 18 Jahren am politischen Dialog folgendermaßen fest:
(1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.
Nationales Recht
Die Basis für die Beteiligung aller Menschen und damit auch Jugendlicher am politischen Dialog bilden im deutschen Grundgesetz das Petitionsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5, 17). Im Besonderen wird die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Kinder- und Jugendhilfegesetz in den Paragraphen 8 und 11 des Achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) festgehalten. Als Bundesgesetz bildet dieses den Rahmen für die Gesetzgebung der Länder:
§ 8
(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. […]
(2) Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden.
§ 11
(1) Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.
Auch in der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen ist rechtlich die Schaffung einer eigenen Interessenvertretung zur Wahrnehmung spezifischer Interessen Jugendlicher abgesichert. Der entsprechende Paragraph lautet:
§ 27a Interessenvertretungen, Beauftragte
Die Gemeinde kann zur Wahrnehmung der spezifischen Interessen von Senioren, von Jugendlichen, von Menschen mit Behinderung oder anderen gesellschaftlichen Gruppen besondere Vertretungen bilden oder Beauftragte bestellen. Das Nähere kann durch Satzung geregelt werden.
Jugendstrategie der Bundesregierung
Im Jahr 2019 hat unsere Bundesregierung die interministerielle Jugendstrategie „In gemeinsamer Verantwortung – Politik für, mit und von Jugend“ beschlossen. Die gemeinsame Jugendstrategie der Bundesregierung soll zum Ziel haben, die junge Generation an allen Entscheidungen zu beteiligen, die sie betreffen, und allen jungen Menschen bestmögliche Bedingungen zu bieten, die Herausforderungen der Lebensphase Jugend zu meistern. Für die Umsetzung der Jugendstrategie hat die Bundesregierung konkrete Handlungsbedarfe ermittelt, unter anderem für die Themen Demokratie und politische Bildung:
„Demokratie braucht engagierte Demokratinnen und Demokraten und muss von jeder Generation neu gelernt werden. Angesichts zentraler gesellschaftlicher Herausforderungen wie zunehmendem Extremismus und Populismus, insbesondere Rechtspopulismus, der damit zusammenhängenden Verschärfung des politischen Diskurses und der Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund sowie einer auch bei jungen Menschen ausgeprägten Skepsis gegenüber politischen Institutionen und Prozessen kommt der politischen Bildung eine enorme Bedeutung zu. Es geht darum, junge Menschen für die Demokratie zu gewinnen, ihr demokratisches Bewusstsein zu stärken, sie zur demokratischen Teilhabe und zum Einsatz für gesellschaftlichen Zusammenhalt zu befähigen sowie menschenverachtenden und antidemokratischen Tendenzen präventiv zu begegnen.[…]“
„Handlungsbedarfe
>Politik und Verwaltung sind für jugendpolitische Belange zu sensibilisieren
[…]
> Politische Jugendbeteiligung und jugendgerechte Beteiligungsformate sollen gestärkt werden, um möglichst viele Jugendliche und junge Erwachsene für eine aktive gesellschaftspolitische Teilhabe am demokratischen Zusammenleben zu begeistern und zu befähigen.
Schlussfolgerung Aus den o.g. abstrakten Rechtstexten lässt sich ein konkreter Handlungsbedarf für die Stadt Würselen ableiten:
Jugendliche ab 12 Jahren sind in der Regel fähig, sich eine Meinung zu Themen zu bilden, die sie in ihrem Alltag in besonderer Weise berühren. Daher steht ihnen gemäß des o.g. Artikels der Kinderrechtskonvention, des Grundgesetzes und der Paragraphen 8 und 11 des SGB VIII das Recht auf Gehör und auf Partizipation zu.
Auswirkungen auf das Projekt „Stadt der Kinder“
Das Projekt Stadt der Kinder, das nunmehr seit über 20 Jahren offizielles Leitbild der Stadt Würselen ist, würde enorm von einer stärkeren Beteiligung der Jugendlichen profitieren. Jugendliche lernen die grundlegenden Entscheidungswege einer Kommune kennen und können auch erstmalig selbst politische Entscheidungen mit beraten.
Finanzielle Auswirkungen
Das Budget für die Stelle soll wenigstens 2400 Euro p.a. betragen.
Die Finanzierung soll über den städtischen Haushalt gesichert werden.
Stv. Alfred Reuters, Stv. Nicole Ziegenhagen und Die PARTEI Fraktion