Antrag: BürgerInnengarten auf dem SINGER-Gelände/Gebiet der Stadt Würselen

Serviervorschlag

Der Rat der Stadt möge beschließen:

1. Die Lokalisierung und Freigabe einer Freifläche für ein Projekt „Kommunaler Garten“ / neudeutsch „Urban Gardening“ auf dem Gebiet der Stadt Würselen.

2. Die Verwaltung wird in einem ersten Schritt gebeten zu prüfen, ob ein solches Projekt temporär auf dem ehemaligen SINGER-Werksgelände angesiedelt werden kann.


Die weitere Ausarbeitung dieses Antrags fußt exemplarisch auf der Annahme, dass das SINGER-Gelände hierfür dienen kann. Im Großen und Ganzen gelten die folgend gemachten Ausführungen aber für jede denkbare Brachfläche:

 „Die Brachfläche des ehemaligen, zwischenzeitig zurückgebauten Werksgeländes der Firma SINGER an der Bahnhofstraße in Würselen, soll vorübergehend und bis zur Entscheidung über die endgültige Nutzung des Areals als BürgerInnengarten bewirtschaftet werden.

Um dies zu ermöglichen sollen von Seiten der Verwaltungsspitze der Stadt Gespräche mit dem derzeitigen Eigner des Grundstückes geführt werden. Der seit Jahren bestehende Stillstand birgt seitens der Eigner eine Bringschuld an die Bürger unserer Stadt. Die Verwaltung soll beauftragt werden ein Konzept für die initiale Erschließung der Fläche zum oben genannten Zweck zu erarbeiten und dem Rat als Entscheidungsgrundlage vorzulegen. Haftungsfragen, die sich durch die Zwischennutzung des Areals ergeben könnten, sollen im Konzept berücksichtigt werden.

Variante: Sollte sich der Standort SINGER-Gelände nicht realisieren lassen, so gelte der Antrag in den   Kerngedanken für einen anderen, noch zu definierenden Ort in Würselen.


Der BürgerInnengarten im Detail:

1. Die jetzige Brache wird für alle BürgerInnen geöffnet, die gewillt sind eigenständig Pflanz- und Hochbeete anzulegen und zu pflegen, sowie auf weiteren Freiflächen Obst- und Gemüse zu züchten, sowie Blühpflanzen auszubringen. Ein Äquivalent zu „Karls Heilkräutergarten“ am Aachener Rathaus könnte dort ebenfalls installiert werden. Auf Rückbaubarkeit und/oder Mobilität der Einrichtungen soll angesichts der Endlichkeit des Projekts stets geachtet werden.

2. Eine Benutzung des Areals wird prinzipiell allen BürgerInnen gestattet. Der Aufenthalt auf dem Areal ist nicht an gärtnerische Ambitionen geknüpft, Spiel und Müßiggang ausdrücklich erlaubt. Die Gründung einer Gartengemeinschaft wird angeregt und unterstützt.

3. Der Betrieb des Gartens soll möglichst einfach (nur die nötigsten behördlichen Vorgaben) und  ressourcensparend (beispielsweise durch die Verwendung ökologisch vertretbaren Restmaterials) gestaltet sein. Die Einrichtung soll kostenlos und niederschwellig genutzt werden können.


4. Die BürgerInnen kümmern sich eigenständig um benötigtes Material, Saatgut und Arbeitsgeräte.

5. Bereits durch Pioniergewächse „eroberte“ Bereiche können erhalten werden. Durch eine sachgerechte Aussaat von Blühpflanzen (entsprechendes Saatgut steht jährlich durch die KDW in größeren Mengen zur Verfügung) entstehen auf dem gesamten Areals vereinzelt oder zusammenhängend Wildblumenwiesen, die Bienen Futter bieten.

6. Areale, die aufgrund eventuell noch bestehender Gefährdungspotenziale nicht zu betreten oder zu bewirtschaften sind, werden kenntlich gemacht und gesichert.

7. Inwieweit städtische Unterstützung z.B. vom Grünflächenamt oder durch die Lieferung von Kompost über die Kompostieranlage geleistet werden kann, soll geprüft werden. Desgleichen gilt für eine Wasserversorgung. Regenauffangbehälter stellen ggf. eine gute Alternative dar.

8. Die Einbindung bestehender Initiativen (beispielsweise von Bienenzuchtvereinen) ist sehr begrüßenswert, sofern sich diese mit dem Themen Nachhaltigkeit, Naturschutz oder anderen ökologischen Themen beschäftigen. Auch pädagogische oder naturkundliche Angebote sind denkbar. 

Begründung des Antrags

1. Ökologische Aufwertung durch temporäre Renaturierung

Begründet durch die Resultate der Bodenuntersuchung durch Dr. Tillmanns & Partner vom 29.11.1988 eingehend beim Fachbereich 4 am 1.12.1988, kann angenommen werden, dass der sofortigen Nutzung der Fläche im Bereich der „großen Kalihalde“ und der „kleinen Kalihalde“ als Erholung- und Freizeitgelände nichts entgegensteht. Durch eine – wenn auch nur vorübergehende – Nutzung des ansonsten brach liegenden Areals im Herzen der Stadt, erfährt dieses eine beträchtliche ökologische Aufwertung. Mit sehr überschaubarem Kostenaufwand lassen sich positive Effekte für das Mikroklima erzielen, das Insektensterben effizient bekämpfen und die Qualität des Bodens, auch im Hinblick auf eine spätere Nutzung, nachhaltig verbessern.

2. Belebung durch gesellschaftliche Interaktion


Insbesondere AnrainerInnen, aber generell alle interessierten BürgerInnen, sollen ausdrücklich zur Mitarbeit motiviert werden. Der so durch Gemeinschaftsarbeit wachsende BürgerInnengarten wird die Aufenthaltsqualität um die ehemaligen Kalihalden herum erheblich verbessern und den Gemeinschaftssinn in Würselen Mitte stärken und fördern. Der seit vielen Jahren ungenutzte „Todesstreifen“ wird durch soziale Interaktion wiederbelebt und wieder erlebbar gemacht. Die BürgerInnen werden den Ort zukünftig nicht nur zur Regeneration nutzen, sondern auch zu sinnstiftender, proaktiven Betätigung, die sogar den Gedanken der Selbstversorgung mit einbeziehen kann. Als Mehrgenerationengarten und als Treffpunkt der Kulturen stellt der BürgerInnengarten zudem ein soziales und interkulturelles Angebot dar.

3. Städtebaulichen Schandfleck begrünen und gleichzeitig Begeisterung für eine ökologische Stadt Würselen wecken

Die „Dauerbaustelle“ SINGER-Gelände macht niemandem Freude. Eine sinnvolle Zwischennutzung ist für die AnwohnerInnen und alle, die sich gerne engagieren würden, sicher eine attraktivere Alternative, als weitere Monate des subjektiv empfundenen Stillstands.

Nicht zuletzt soll der BürgerInnengarten als Anregung für mehr BürgerInnenbeteiligung am Umbau der Gesellschaft im Sinne einer ökologischen Stadt der Zukunft verstanden werden. Auf dem ehemaligen Gelände besteht zur Zeit die Möglichkeit temporär ein – im wahrsten Sinne des Wortes – Experimentierfeld zu installieren. Und das quasi zum Nulltarif. Eine solche zweckdienliche Initiative an dieser Stelle bringt nicht nur eine enorme Aufwertung des Lebensumfelds mit sich, sondern bietet die Chance eine Vielzahl von BürgerInnen für eine nachhaltige, urbane Entwicklung in Würselen zu begeistern.




Kosten: Angestrebt ist weitgehende Kostenneutralität für den städtischen Haushalt, da sich das Projekt über bürgerschaftliches Engagement tragen soll. Die Verwaltung wird aber in einem ersten Schritt beauftragt, ein Konzept zur kostengünstigen Variante der Eröffnung unter Beachtung von Haftungsfragen, die sich durch die Belebung des Areals ergeben könnten, zu erarbeiten und dem Rat als  Entscheidungsgrundlage vorzulegen. Die Antragsinitiatoren bemühen sich bereits im Vorfeld um eine Interessenabfrage bei BürgerInnen, relevanten Initiativen und Institutionen. Erste Zusagen liegen schon heute vor.

Auswirkungen auf das Projekt Stadt der Kinder

Der BürgerInnengarten ist eine Erweiterung des Erlebnisraums Kalihalde und kommt als solche insbesondere auch den Kindern in Würselen zugute. Wo momentan ein „Betreten verboten“ Schild hängt, können schon bald Anschauungsunterricht in Sachen Ökologie (im eigens angelegten „Kindergarten“?) stattfinden oder Kulturtechniken en passant erlernt werden. Denn wo in einer Gemeinschaft gegärtnert wird, ergibt sich meist ganz von allein ein abwechslungsreiches und lehrreiches Umfeld für Kinder. Das beweisen viele offene Gartenprojekte deutschlandweit. Ein verstärktes Engagement junger Menschen im Themenfeld Naturschutz könnte hier einen weiteren Ausdruck finden.



Würselen, 25. März 2021


Alfred Reuters
Nicole Ziegenhagen
Mitarbeit: Eckhard Heck, Ilka Habrich

InteressentInnen melden sich gern auch schon mal bei uns:
dieparteifraktion.wuerselen@aol.com





























Anhang


Link auf eine Broschüre des Landes NRW zum Thema Gemeinschaftsgärten:
https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/Broschueren/gemeinsam_gaertnern_broschuere.pdf



Mobiles „urbanes Gärtnern“ / Beispiel aus Köln Ehrenfeld

Begriffsdefinition aus Wikipedia:

Beschreibung

Gemeinschaftsgärten sind kollektiv betriebene Gärten in der Tradition der community gardens. Die Grundstücke befinden sich meistens in der Stadt. Oft sind die Gärten öffentlich zugänglich. Der rechtliche Status ist sehr unterschiedlich. Es kann sich um Besetzungen handeln, es können aber auch Privatgrundstücke sein oder öffentliche Gelände. Die Initiatoren und Träger der Gemeinschaftsgärten können ebenfalls sehr verschieden sein: Nachbarn, politische Gruppen, Kirchen, Schulen und Guerilla-Gärtner. Dies hängt unmittelbar mit den jeweiligen Zielen sowie den örtlichen und regionalen Bedingungen, Bedürfnissen und den betreibenden Interessengruppen zusammen. Viele Gemeinschaftsgärten haben sich beispielsweise bereits mit dem Ziel des interkulturellen Gärtnerns zusammengefunden. Hier gärtnern Menschen unterschiedlichster nationaler Herkunft miteinander. Die Gemeinschaftsgärten entstanden zum einen aus einem neu erwachten Bedürfnis nach der Produktion eigener gesunder Lebensmittel (insbesondere in den Großstädten), aber auch mit dem Ziel des Austausches untereinander, nicht nur über gärtnerisches Alltags- und Fachwissen, und eben der Pflege von Gemeinschaftsleben. Viele Gärten entstanden durch öffentliche Förderung, aber mit dem Ziel der Erhaltung aus eigener Kraft. Nicht alle Gemeinschaftsgärten sind dauerhaft gesichert.



Besondere Formen

Eine weitere Form des Gemeinschaftsgartens ist Gardensharing (auch Landsharing), bei dem ein Grundbesitzer einem Gärtner (oder mehreren) Zugang zu Land, in der Regel einem Garten ermöglicht, um Nahrungsmittel anzubauen. Dies kann in einer vertraglich geregelten Beziehung zwischen zwei Personen (Personen im rechtlichen Sinn: es kann sich auch um Gruppen von Menschen oder juristische Personen handeln) oder über die Vermittlung durch ein Web-basiertes Projekt erfolgen. Land zu teilen ist keine Schenkökonomie, sondern der Share Economy zuzuordnen. Ermöglicht wird der rasche Zugang zur Nutzung von Boden, wenn Gemeinschaftsgärten nicht oder nur über Wartelisten genutzt werden können.

Eine Sonderform des Gemeinschaftsgartens ist der Gemeinschaftsdachgarten.[1]

In vielen Städten sind so genannte Mobile Gemeinschaftsgärten anzutreffen. Charakteristisch des Mobilen sind folgende Eigenschaften:

Hochbeet aus umgebauten Paletten mit Bigbag.

Palette auf Steinblöcke. Kontaminierter Boden mit Tennisplatzsand überdeckt.

  • Es wird Brachland in der Innenstadt verwendet, das im Regelfall nur temporär Brachland sein kann, aber dafür kostenlos oder gegen geringe Miete befristet überlassen wird.
  • Der komplette Garten wird mobil gehalten, indem alle Pflanzen nicht in den Boden gepflanzt werden, sondern auf Transportpaletten, Kisten, Fässern oder Säcken. Der komplette Gemeinschaftsgarten kann so umziehen, sobald das Brachland als Bauland genutzt werden soll. Bevorzugt werden Hochbeete auf Paletten, weil diese besonders gut per Gabelstapler umziehen können. Oft werden diese Paletten auf Steinblöcke gelegt, damit die Bodenfeuchtigkeit nicht das Holz angreift.
  • Sehr oft werden mobile Gemeinschaftsgärten auf kontaminierte Böden angelegt, weil dieses Brachland erst durch eine aufwendige Sanierung als Bauland genutzt werden kann. Charakteristisch an dieser Situation ist, dass oft der Boden zunächst mit einer unbedenklichen Schutzschicht überzogen werden muss, gegebenenfalls auch mit einer Folie als Trennschicht, um bei der Sanierung nicht die Entsorgungsmenge zu erhöhen. Das Pflanzen in Paletten ist hier auch erforderlich, damit das Wurzelwerk nicht mit dem kontaminierten Boden in Berührung kommt.
  • Da ein mobiler Gemeinschaftsgarten auf temporärem Brachland angelegt wird, sollte er möglichst ohne ortsgebundene Investitionen errichtet werden. Hilfreich ist hier die Nutzung von Abfällen aus der Wirtschaft, die sonst entsorgt werden müssten wie zum Beispiel Transportpaletten von Baustellen, Bigbags aus der Lebensmittelindustrie oder jährlich ausgetauschter Tennisplatzsand (bspw. als Schutzschicht gegenüber kontaminiertem Boden).
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