Ratssitzung am 18.5.2021

Drei PARTEI-Anträge, zwei knapp gescheitert. Ratsstreaming einstimmig zur Weiterverfolgung an die Verwaltung empfohlen. Nicole Ziegenhagens Ratsreport fasst die Ereignisse von gestern zusammen:

„Wertes Stimmvieh, Nicole hier. Unser Antrag zum Livestreaming von Ratssitzungen wurde soeben einstimmig angenommen. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass ihr ab sofort die Sitzungen in der Badewanne verfolgen könnt, sondern, dass die Vollzeit-Verwaltenden jetzt den Auftrag haben, eine Vorlage zur Umsetzung desselben zu erarbeiten, über den dann abgestimmt wird. Dass das nicht so einfach ist, habt ihr ja vielleicht schon mitbekommen; in Kürze ist es halt so, dass der Stadtrat als Teil der Verwaltung da einfach anderen Regeln unterliegt als z.B. der Bundestag. Und wenn jemand im Rat nicht gestreamt werden möchte, ist das sein/ihr gutes Recht. Um die ganze Angelegenheit tatsächlich dann aus der Taufe zu heben muss jetzt halt erstmal offiziell herausgefunden werden, wie das am Besten geht, und vielleicht wird dann die offizielle Verwaltungsvorlage angenommen oder auch nicht. Jedenfalls geht das jetzt los, und das freut uns sehr.Die schlechte Nachricht ist dann, dass aus dem Urban Gardening auf dem Singer Gelände erstmal nichts wird. Auch der „Pfand gehört daneben“ Antrag wurde abgelehnt. Zu beiden Punkten gab es aber tatsächlich viele Wortmeldungen und ich bin ganz zuversichtlich, dass zumindest für die Gärtner noch irgendetwas Schönes herauskommt. Die „Pfand gehört daneben“-Ablehner hatten gute Argumente, nicht zuletzt das, dass sich sogar die Pfandsammler-Community dagegen ausspricht. Und zwar aus dem Grund, dass danaben stehendes Pfandgut zu Mitnahmeeffekten führt, so dass die Leute, die tatsächlich darauf angewiesen sind, am Ende des Tages weniger heraus bekommen als vorher. Das war mir so nicht bewusst. Die werten Kollegen von der FDP wollten übrigens direkt am liebsten einen Weinberg auf dem Gelände anlegen, unter dem Motto „Wenn schon, denn schon“. Immer diese Spaßparteien! 😽 Also wenn ich recht darüber nachdenke, ein Streaming der Ratssitzung gerade hätte schon einen sehr großen Unterhaltungswert gehabt. Wenn aus einem ersten „Also ich muss ja sagen, die Anträge der PARTEI sind immer interessant“ eine gute UND lustige Diskussion ergibt, geht es doch in eine sehr gute Richtung und zwar bergauf!“


Die PARTEI Antrag: Livestream-Übertragungen der Ratssitzungen


Die PARTEI Fraktion beantragt:

Livestream-Übertragungen der Ratssitzungen

Der Rat der Stadt Würselen beauftragt die Verwaltung, die technischen und rechtlichen Voraussetzungen für Liveübertragung auf der Homepage der Stadt zu schaffen. Die Umsetzung soll mit der Ratssitzung am 2. September 2021 beginnen.

Folgende Bedingungen sollen bei der Umsetzung eingehalten werden:

  1. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Stadtverordneten, der städtischen und weiteren Mitarbeitenden sowie Unbeteiligter sind nach geltendem Recht zu beachten.
  2. Es wird ein externer lokaler oder regionaler Dienstleister mit der Umsetzung über eine Zwei-Kamera-Lösung (Sitzungsleitung und Saalkamera) beauftragt. Lokale Unternehmen sollen dabei gezielt auf die Ausschreibung aufmerksam gemacht werden.
  3. Sowohl vor als auch mindestens im ersten halben Jahr nach Einführung der Maßnahme wirbt die Stadt Würselen regelmäßig und auf geeignete Weise in der Öffentlichkeit für das neue Informationsangebot.


Für die Umsetzung der Livestream-Übertragung der Ratssitzungen ergänzt der Rat der Stadt Würselen seine Geschäftsordnung in § 6 Öffentlichkeit der Ratssitzungen, Absatz 1 wie folgt:

„Der öffentliche Teil der Sitzung des Rates wird in der Regel per Live-Stream im Internet übertragen. Die nach dem Datenschutzgesetz erforderliche Erklärung über die Einwilligung zur Übertragung der Redebeiträge wird für die Dauer eines Kalenderjahres abgegeben. Die Einwilligungserklärung kann mit Wirkung für die Zukunft ganz oder teilweise jederzeit widerrufen werden. Die Regelung gilt ebenfalls für die Mitglieder des Verwaltungsvorstandes sowie für die Schriftführer*innen und ggf. auch weitere Bedienstete der Stadt, die regelmäßig an den Sitzungen des Rates teilnehmen.

Weitere Redner*innen, die weder dem Rat noch dem Verwaltungsvorstand angehören und die nicht zu den o.g. Bediensteten der Stadt Würselen gehören, erhalten für den konkreten Anlass die Möglichkeit, der Live-Übertragung für die Dauer der laufenden Ratsperiode zuzustimmen oder abzulehnen.

Begründung

Auch wenn dem Prinzip der Öffentlichkeit von Ratssitzungen bereits durch Saalöffentlichkeit entsprochen wird und kein grundsätzliches Recht auf Medienöffentlichkeit besteht, würde durch die Live-Übertragung von Ratssitzungen mehr Transparenz in der politischen Arbeit geschaffen. Für Transparenz sorgen, heißt auch Vertrauen zu wecken und damit letztlich auch Verschwörungsmythen vorzubeugen. Der Mitteilung 697/2020 vom 23.11.2020 des Städte- und Gemeindebunds NRW (AZ 17.1.1-002/001) ist zu entnehmen, dass unter Beachtung der geltenden einschlägigen Rechtsnormen (DS-GVO, GO NRW etc.) eine Übertragung der Ratssitzung durch entsprechende Regelung in der Geschäftsordnung möglich wäre.

Ob Online-Shopping oder Online-Dating, in den vergangenen Jahren wurde viele Prozesse im Leben der Bürger*innen digitalisiert. Wenn alles Mögliche im Internet abrufbar ist und gerade die Prozesse der repräsentativen Demokratie nicht, so führt das mittel- bis langfristig zu Unverständnis in der Bürgerschaft. Zu erhoffen ist von einem Streaming zumindest auch eine höhere Wahlbeteiligung und ein verstärktes Interesse der Bürger*innen an der kommunalen Politik. Wenn mehr Menschen in Würselen am politischen Geschehen teilhaben, könnte man damit der Politikverdrossenheit entgegenwirken. Auch könnte dies das Verständnis für die im Stadtrat gefällten Entscheidungen steigern.

Zudem gehen immer mehr Städte in Deutschland dazu über, die öffentlichen Sitzungen ihres Stadtrats live im Internet zu übertragen. Denn nicht jede*r Bürger*in hat pandemie-, gesundheits- oder zeitbedingt die Möglichkeit, zu Zeiten der Ratssitzung in den Sitzungssaal zu kommen und dort vielleicht noch zwei bis drei Stunden zu warten, bis tatsächlich der Tagesordnungspunkt behandelt wird, für den man sich eigentlich interessiert.

Ein Beispiel: Von Linden-Neusen aus dauert es bis zu einer Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadtmitte – und die Rückfahrt am gleichen Tag ist im schlimmsten Fall nicht mehr möglich. Witterungsbedingt ist auch der Weg mit dem Fahrrad nicht grundsätzlich zumutbar und die Nutzung des privaten PKW steht einerseits nicht jedem zur Verfügung und ist andererseits auch stets eine Belastung für die Umwelt. Im Internet jedenfalls würde diese Hürde vollkommen wegfallen.

Live-Streaming wäre ein Instrument, um politische Partizipation nachhaltig zu stärken. Die Erfahrungen, die andere Kommunen mit einem Livestream machen, sind nach unserem Kenntnisstand positiv. Die kommunale Politik in Würselen sollte sich die technischen Möglichkeiten einer digitalen Welt zunutze machen und diese als Chance begreifen, neue Wege der Bürgerkommunikation zu gehen.

Für Die PARTEI Fraktion
mit freundlichen Grüßen

Alfred Reuters, Nicole Ziegenhagen
Ausformulierung: Christoph Schirmel
Plakat: Christoph Schirmel