
Wohnen mal anders – Warum wir nicht alles Bauen in Würselen den Großinvestoren überlassen sollten.
Wenn der Bagger kommt – und mit ihm die Investoren
Es beginnt oft harmlos: Ein neues Baugebiet am Stadtrand, auf der letzten verbliebenen Grünoase im Stadtkern oder auf der leergeräumten Industriebrache [z.B. Singer], ein paar hübsche Visualisierungen mit glücklichen Familien und viel Grün. Doch hinter den Kulissen zieht nicht selten ein Großinvestor die Fäden – mit einem ganz anderen Fokus: Rendite statt Rücksicht. Oft wechseln in unendlich langen Warte- und Spekulationsschleifen die Besitzer [z.B. Singer] und gebaut wird … nichts.
1. Monotonie statt Vielfalt
Großinvestoren bauen effizient – und das heißt oft: standardisiert. Was dabei herauskommt, sind Siedlungen wie aus dem 3D-Drucker. Architektonische Vielfalt? Fehlanzeige. Keine Rücksicht auf alte, teils über Jahrzehnte gewachsene Strukturen. Wir scheinen verlernt zu haben, wie man Siedlungen in ihrem Aufbau organisch erweitert und fortführt. Ein Flug über Würselen, dazu reicht schon google-earth, macht dies sehr schnell deutlich. Statt lebendiger Quartiere entstehen Schlafsiedlungen mit Copy-Paste-Charme. Wer einmal durch so ein Neubaugebiet spaziert ist, weiß: Orientierung ist Glückssache.
2. Preistreiber statt Problemlöser
Großinvestoren versprechen Wohnraum – liefern aber oft hochpreisige Eigentumswohnungen oder Mietwohnungen mit „Luxus-Ausstattung“. Für Normalverdiener, junge Familien oder Rentner bleibt da wenig übrig. Die Folge: Die Preise steigen, die soziale Durchmischung sinkt – und die Stadt verliert an Charakter.
3. Wenig Mitbestimmung, viel Rendite
Während lokale Baugruppen oder Genossenschaften auf Beteiligung setzen, läuft bei Großinvestoren alles top-down. Bürgerbeteiligung? Wenn überhaupt, dann als Pflichtübung. Entscheidungen werden fernab der Stadt getroffen – oft ohne Rücksicht auf lokale Bedürfnisse oder städtebauliche Konzepte.
4. Infrastruktur? Kommt später. Vielleicht.
Neue Wohngebiete brauchen mehr als nur Häuser: Kitas, Schulen, Buslinien, Einkaufsmöglichkeiten. Doch Investoren kümmern sich selten um das „Drumherum“. Die Folge: Überlastete Infrastruktur, lange Wege, Frust bei Alt- und Neubürgern. Die Stadt bleibt auf den Folgekosten sitzen.
5. Verlust lokaler Identität
Klein- und Mittelstädte leben von ihrem Charakter, ihrer Geschichte, ihrem Miteinander. Wenn aber ganze Stadtteile von anonymen Kapitalgesellschaften geplant und verwaltet werden, geht genau das verloren. Die Stadt wird zur Kulisse – und die Menschen zu Mietern im eigenen Ort.
6. Der Grund: Wer baut braucht Grund. Wir möchten den Ausverkauf von zunehmend rar werdenden Flächen eindämmen. Wir sind, was die bauliche „Nachverdichtung“ im Innenstadtbereich angeht, am Limit. Wir müssen, auch aus ökologischen Gründen, Frei- und Grünflächen erhalten und stattdessen aufstocken, wo immer es geht. Hier ist das Fördermittelmanagement aufgerufen entsprechende Programme zu akquirieren und die Verwaltung in der Pflicht,
bauwillige Bürger bei ihrem Projekt logistisch mehr zu fördern.
Fazit: Neubau ist wichtig – keine Frage. Aber wie und von wem gebaut wird, ist entscheidend. Wenn Großinvestoren das Ruder übernehmen, droht aus Wohnraum ein Renditeobjekt zu werden. Und das ist selten gut für die Stadt – und noch seltener für die Menschen, die in ihr leben.
Zum Glück gibt es Alternativen! Und zwar solche, die nicht nur kreativer, sondern auch sozialer, nachhaltiger und oft günstiger sind. Willkommen in der Welt des genossenschaftlichen Bauens, der Micro Houses und der Mehrgenerationenhäuser – drei Konzepte, die zeigen, dass Wohnen mehr sein kann als vier Wände und ein Carport.
Genossenschaftliches Bauen – Gemeinsam statt einsam
Warum alleine bauen, wenn man sich zusammentun kann? Genossenschaften sind wie WG-Küchen auf Steroiden: Man teilt sich nicht nur den Flur, sondern auch Verantwortung, Ideen und manchmal sogar die Bohrmaschine. Hier wird nicht spekuliert, sondern solidarisch geplant. Die Miete bleibt stabil, die Nachbarn kennt man beim Vornamen – und wer mal krank ist, bekommt die Suppe an die Tür gebracht. Klingt fast zu schön, um wahr zu sein? Ist aber gelebte Realität in vielen Städten.
Micro Houses – Klein, aber oho!
Weniger ist mehr – das gilt nicht nur für Zucker im Kaffee, sondern auch fürs Wohnen. Micro Houses sind die architektonische Antwort auf überteuerte Quadratmeterpreise und überquellende Dachböden. Sie sind kompakt, clever geplant und oft mobil. Wer braucht schon ein Gästezimmer, das nur einmal im Jahr benutzt wird, wenn man stattdessen ein Tiny Home mit Dachterrasse und Komposttoilette haben kann? Hier zählt jeder Zentimeter – und plötzlich wird Minimalismus zur Maxime.
Mehrgenerationenhäuser – Oma, Katze, WLAN
Früher war das ganz normal: Drei Generationen unter einem Dach. Dann kam die Moderne, und plötzlich wohnten alle allein – mit Netflix statt Familienanschluss. Mehrgenerationenhäuser holen das Beste aus beiden Welten zurück: Privatsphäre trifft Gemeinschaft, Erfahrung trifft Energie. Die Kinder haben immer jemanden zum Spielen, die Älteren jemanden zum Reden – und alle profitieren voneinander. Ein soziales Upgrade für die Wohnform von morgen.
Fazit: Alternative Bauformen sind keine Nischenidee für Öko-Romantiker oder Architektur-Avantgardisten. Sie sind praktische, zukunftsfähige Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit: Wohnraummangel, soziale Isolation, Klimakrise. Und sie zeigen: Wohnen kann mehr sein als nur ein Dach über dem Kopf – es kann ein echtes Zuhause sein.